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Wie ich wurde, was ich bin – Warum meine Lernbiographie mein Handeln heute beeinflusst

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Wie ich wurde, was ich bin – Warum meine Lernbiographie mein Handeln heute beeinflusst

Spurensuche

Ich kann mich an einige Szenen aus meiner Grundschulzeit erinnern.
Vor allem an meinen ersten Lehrer: Herr Bach – ein strenger, ernster, dunkel wirkender Mann.

Ich weiß noch, wie ich einmal mit dem Bambusstock eine „sogenannte Tatze“ bekam.
Ich gehöre tatsächlich zu der Generation, die in der Schule noch geschlagen werden durfte. Auch diesen Namen des Lehrers weiß ich bis heute.

Ich erinnere mich, dass ich oft gestoßen wurde, mit zerrissenen Kleidern und aufgeschlagenen Knien nach Hause kam.
Dass meine Mitschüler meiner Mutter oft schon alles erzählt hatten, bevor ich selbst zu Hause war.
Ich erinnere mich an blaue Briefe, schlechte Noten, Lügen und gefälschte Unterschriften.

„Schule war für mich furchtbar, schrecklich, furchterregend. Ich fühlte mich unverstanden – nicht gesehen in meiner Not.“

In dieser Zeit starb auch meine wichtigste Bezugsperson – mein Opa.
Ich stürzte innerlich ab, und niemand nahm es wahr.

Ein neuer Anfang

In der 5. Klasse hatte ich Glück. Ich schaffte es gerade noch auf die Realschule – und dort traf ich meine Klassenlehrerin Frau Schäfer.
Sie erkannte, dass es bei mir nicht an Dummheit oder Faulheit lag, sondern dass ganz andere Dinge mein Verhalten beeinflussten.

Ihr habe ich es zu verdanken, dass ich bleiben durfte.
Sie beriet meine Eltern, Hausaufgaben und Lernen an jemanden außerhalb der Familie zu übertragen – um Stress zu vermeiden.
So wurde meine Tante, nur wenige Jahre älter als ich, mein Vorbild – im Auftreten und später auch in der Berufswahl.

„Sie glaubte an mich. Sie ließ mich nie fallen. Sie bestärkte mich, dass ich es schaffen würde.“

In der 9. und 10. Klasse hatte ich einen Lehrer, der jung war, voller Begeisterung und Leidenschaft für sein Fach.
Bei ihm machte Lernen Spaß.
Bei ihm war Lachen erlaubt.
Und plötzlich schrieb ich Einser – in Chemie, einem Fach, das mich zuvor nie interessiert hatte.

Und dann war da noch mein Mathelehrer, der mit uns einen IQ-Test machte.
Allen gab er das Ergebnis bekannt – nur mir nicht.
Als ich ihn danach fragte, sagte er, er sei enttäuscht, dass ich mit solch einem hohen Ergebnis „nur“ auf der Realschule sei.

Einerseits traf mich diese Bemerkung, andererseits weckte sie etwas in mir:
Das Wissen, dass ich klug bin, öffnete plötzlich Türen in meinem Denken.

„Warum nicht studieren? Warum nicht Herausforderungen annehmen und weitermachen?“

Lernbiographie – Erfahrungen, die bleiben

Meine ersten Schuljahre waren von Angst geprägt.
Doch später begegnete ich Lehrkräften, die mich sahen – nicht nur meine Noten.

Lehrer, die nicht urteilten, sondern kämpften, damit ich mein Potenzial entfalten konnte.
Die mir Orientierung und Hoffnung gaben.

Auch meine Eltern waren an meiner Seite.
Nachdem die schwierige Zeit vorbei war, lernten sie mit mir.
Meine Mutter, die selbst nie Sprachen gelernt hatte, paukte Englisch und Französisch mit mir.
Mein Vater half in Mathe, Erdkunde, Geschichte.

„Nie wurde diskutiert, ob ich selbstständig lernen sollte – sie waren einfach da, solange ich sie brauchte.“

Bis heute prägt mich das.
Wenn Eltern mich fragen, ob es „in Ordnung“ sei, ihre Kinder beim Lernen zu unterstützen, sage ich klar: Ja.

Vom Erleben zum Handeln

Die Lehrer, die an mich glaubten, und meine Eltern, die mir Halt gaben, als Lernen wieder Freude bedeutete – sie ermöglichten mir meinen Weg.
Einen Weg, der lebenslanges Lernen und Begeisterung dafür umfasst.

So begann ich mit 50 Jahren noch einmal zu studieren – zur Lerntherapeutin.

Ich wurde einmal gefragt, was meine Leidenschaft sei.
Lange konnte ich darauf keine Antwort geben.
Heute weiß ich:

„Meine Leidenschaft ist es, Kindern einen anderen Lernweg zu ermöglichen – sie in ihrer Not wahrzunehmen und mit ihnen neue Wege zu gehen.“

Eine Lehrerin hatte damals an mich geglaubt.
Das war entscheidend für mein ganzes weiteres Leben – und das hat mich nie losgelassen.

Was ich Kindern heute mitgeben möchte

Ich möchte, dass Kinder in der Lerntherapie spüren:
„Ich glaube an dich.“
„Ich weiß, dass du es schaffen kannst.“
„Nichts kann dich aufhalten, solange du an dich selbst glaubst.“
„Lernen ist etwas Wunderbares – ein Schatz, den dir niemand nehmen kann.“

Ich zeige ihnen, dass Lernen mehr ist, als Aufgaben zu erledigen oder Arbeitsblätter auszufüllen.
Lernen darf Spaß machen.

Manchmal spielen wir die ganze Therapiestunde.
Und wenn ich dann erkläre, wie viel sie dabei gelernt haben, staunen sie – und lächeln.
Sie spüren: Lernen kann leicht sein.

Spiegelmomente

Manche Kinder, die zu mir kommen, sind wie ein Spiegel.
Ich sehe mich selbst darin – klein, verletzt, hoffnungslos.
Das setzt in mir eine enorme Stärke frei.

Ich sehe, wie dieses Kind wachsen kann, wenn man ihm Zeit, Möglichkeiten, Strategien, positive Glaubenssätze und Vertrauen schenkt.

Ich weiß:

„Unsere Lernbiographie begleitet uns – ob wir wollen oder nicht. Die Kunst ist, sie bewusst mitzunehmen, statt sich von ihr treiben zu lassen.“

Schlussgedanke

Vielleicht ist Ihnen beim Lesen Ihre eigene Schulzeit vor Augen gekommen.
Welche Erfahrungen haben Sie geprägt?

Das Schöne ist: Lernbiographien sind keine fertigen Geschichten.
Wir schreiben sie jeden Tag weiter – im Kontakt mit anderen, im Lernen, im Leben.

Ihre
Sabine Walker

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